Mein Kopf steckt in der Trommel der Waschmaschine. Eine äußerst unbefriedigende Situation für einen Menschen, die unter anderen Umständen einen Verstoß gegen die Genfern Konventionen bedeuten würde. Nur weil das blöde Ding nicht mehr richtig schleudert, verbringe ich meinen Abend damit, mich von meiner Waschmaschine entwürdigen zu lassen. Ich bete, dass kein weiterer Mieter die Waschküche betritt und mich mit dem Kopf im Inneren vor der Maschine knien sieht. Es wäre, als würde man beim Sex an einem öffentlichen Ort in Flagranti erwischt. Nur, dass Sex etwas schönes ist.
Ich drücke mühevoll meinen rechten Arm in die Trommel. Zum einen, damit mein Kopf nicht so alleine ist, zum anderen um mit der Taschenlampe das verdammte Ding auszuleuchten. Irgendwo hier drin lauert etwas! Das Grauen wird vermutlich die Gestalt eines einsamen Sockens oder eines aus den Taschen gefallenen Irgendwas annehmen. Mir fällt die Geschichte vom Schmetterling ein, der angeblich einen Orkan auslösen kann. Kleine Ursache, große Wirkung. Ein einsamer, liegengebliebener Socken hat vermutlich schon Tausende von Beziehungen zerstört und ist gerade dabei, meinen Abend zu ruinieren.
Ich habe vor kurzem gelesen, dass verschwundene Socken in Paralleluniversen überführt werden. Ist eine Waschmaschine etwa das Tor zu anderen Welten? Liegt das wahre „Stargate“ in der Trommel meiner Maschine? Was passiert wenn ich meinen Kopf wieder frei bekomme? Werde ich in einer Welt landen, in der ich reich und schön bin – oder in einer, in der ich als Waschmaschinen-Installateur arbeite?
Habe ich das verdammte Ding eigentlich ausgesteckt oder kann jederzeit ein Waschprogramm losgehen? Was würde dann auf meinem Grabstein stehen? „Als Held gestorben – den Socken fand er dennoch nicht“? Würde ich im Fernsehen kommen, in „Die dümmsten Todesfälle der Welt“?
Tausende von Fragen gehen mit durch den Kopf und während ich die Trommel von innen Loch für Loch untersuche zieht mein Leben an mir vorüber. Ich lasse den Gedanken freien Lauf und scheine meine dämliche Situation langsam zu vergessen. Auf einmal sehe ich ihn: den Zipfel eines schwarzen Sockens. Ein Gefühl des Triumphs durchfährt meinen Körper – noch nie hat mich ein Socken so glücklich gemacht.
Vorsichtig ziehe ich ihn Stück für Stück zwischen der Gummi-Manschette und der Trommel hervor. Endlich ist es soweit: ich halte ein zerfetztes, grau bis schwarzes Etwas in der Hand. Der Anschließende Schleudervorgang – meinen Kopf habe ich zwischenzeitlich wohlgemerkt wieder aus der Trommel gezogen – verläuft erfolgreich.
Wenn nur alles im Leben so einfach wäre: man zieht einen einsamen Socken aus der Versenkung hervor und das ganze Leben läuft wieder rund…