Die Familie Meyers – eine Familie wie jede andere auch? Vielleicht.
Als der 11-jährige Sohn Karl-Heinz der Meyers bei seinen Hausaufgaben saß und über die Frage „Ist der Walhai ein Säugetier?“ brütete, kam sein Vater, Herr Meyers, von der Arbeit nach Hause. Er ging als erstes in die Küche. Dies war jedesmal, wenn er nach Hause kam, sein erster Gedankengang: Küche -> Kühlschrank -> Essen. Dass er noch nicht durchs Haus rollte statt zu laufen war alles. Er bemerkte, dass sein Sohn nicht mit dieser überaus schweren Hausaufgabe klar kam und erklärte ihm auf geschickte Weise die Antwort: „Der Walhai ist ein Säugetier, sonst hätte er wohl kaum den Begriff Wal im Namen und Wale sind ja bekanntlich Säugetiere.“
Diese überaus geniale Erklärung bekam zufällig die 16-jährige Tochter Gretchen mit, die natürlich kaugummikauend in die Küche getrampelt war. Sogleich schob sie ihren Vater bei Seite und erklärte dem verdutzten Jungen, dass der Vater Unrecht habe und der Walhai ein Fisch, um genau zu sein ein Knorpelfisch, sei. Sofort war der Vater empört, denn wie könnte eine Pubertierende einfach seine elterliche Authorität untergraben, wo er doch als Vater Vorbildfunktion hat, indem behauptet wird er habe Unrecht.
Ja, wie kann das bloß sein? Unglaublich. Die vernichtende Aussage seiner Tochter konnte er natürlich nicht auf sich sitzen lassen und es entbrannte zwischen ihnen ein Wortgefecht, dass selbst den medienerfahrensten Politiker ohne Weiteres bei einem TV-Duell in die Enge getrieben hätte. Es endete damit, dass der Sohnemann, nun völlig verwirrt, einen Hyperventilationsanfall erlitt.
Danach herrschte zwangsweise Ruhe, jedoch konnte sich die Tochter es nicht verkneifen als Antwort „Fisch“ zu husten und Herr Meyer daraufhin etwas, was entfernt nach „Säugetier“ klang, zu rülpsen um das letzte Wort zu haben. Soetwas nennt sich familärer Alltag bei den Meyers.
Aber damit nicht genug. Es ist Freitagabend, d.h. etwas in den Köpfen der Pubertierenden Jugendlichen schaltet von „Null Bock haben“-Marnier auf „It´s Partytime“ um. So auch bei der 16-jährigen Gretchen. Nach 5 Stunden Beautysession zur Vorbereitung für den anstehenden Abend, traut sie sich endlich aus dem Bad mit dem beängstigenden Ergebnis, dass sie immernoch genauso aussieht wie vorher auch. Als es schließlich an der Haustüre klingelt und der 11-jährige Karl-Heinz zur Tür geht und den angewidertguckenden Freund der Tochter in der Nase popelnd fragt:“Wat willst du? wer bist du Versager denn überhaupt?“, sieht man nur noch etwas nahe der Grenze zur Lichtgeschwindigkeit zur Tür rennen und wie der 11-jährige in Zeitlupe und mit einem überraschten Gesichtsausdruck in Mama´s Petunien im Garten aufkommt.
Nun schien das Schlimmste, also ihr peinlicher Bruder, abgewendet zu sein, aber halt, da rollt sich mit einem Ächzen, als ob ein überfahrenes Reh gerade die irdische Welt verlässt, Herr Meyers von der Couch und wackelt zur Haustüre. Die 16-jährige Tochter wird ersteinmal kräftig angeschnauzt, sie liefe zu freizügig herum und wird aufs Zimmer zum Umziehen geschickt, obwohl der Rock den sie trägt schon auf dem Boden schleift und die Putzarbeiten erspart.
Doch jetzt geht es erst richtig los, denn nachdem lästige Zeugen aus dem Weg geräumt waren, konnte Herr Meyers seine lange heimlich vor dem Spiegel geübte Möchtegerneinschüchterungspose einnehmen und sein Sprüchlein aufsagen: „Junge…es gibt dinge die solltest du wissen, dazu zählen, dass ich im besitz eines Luftgewehres bin, eine Schaufel sowie jede menge Platz im Garten habe und dich niemand vermissen wird…“
Obwohl nun jegliche Farbe aus dem Gesicht des Jünglings verschwunden war, blieb er immernoch, wenn auch leicht verunsichert, an der Haustüre stehen, obwohl jeder mit auch nur dem IQ eines Strohhalms in diesem moment die Flucht als wesentlich bessere Entscheidung in die Tat umgesetzt hätte. Aber er ist ja einer der ganz harten Sorte. Sofort legt Herr Meyers eine „Wer wird Millionär?“-Miene auf und beginnt mit der ersten Frage: „In welchem Wagen gedenkst du meine Tochter mitzunehmen?“
Während der Jüngling von einem pinken Ford KA mit den neuesten und modernsten Sicherheitsaustattungen schwärmt, postitioniert er sich mit seiner langen Gestalt so vor Herrn Meyers in dessen Gesichtsfeld, dass diesem die Sicht auf einen Schrotthaufen versperrt ist, den man wohl vor langer Zeit vermutlich tatsächlich einmal „VW Golf“ nennen konnte. Dass der Wagen schon 2mal durch Anwohner für die Schrottpresse abgeschleppt worden war, seit 2 Jahren keinen Tüv mehr hat, sämtliche Teile sich durch Rost verabschieden, keine Airbags oder gar Servolenkung besitzt, die Frontscheibe immer mehr Risse bekommt und er bei Tempo 160 auf der Autobahn nur Knapp einem Auffahrunfall entgangen ist, verschweigt er lieber.
Da die Antwort dem Herr Meyers reicht, geht es direkt mit der nächsten Frage weiter, die für Herrn Meyers, von der Bedeutung her, wie die 1 Million-Frage für Günther Jauch ist: „Wie würdest du den Begriff Verhütung erklären?“
Mit einem sehr irritierten und verständnislosen Gesichtsausdruck muss sich der Jüngling nun etwas einfallen lassen. Denn dies ist die Frage aller Fragen, sie entscheidet über Leben und Tod. Aber er bringt nur ein fassungsloses „Äh, entschuldigen Sie, wie war die Frage nochmal?“ hervor und bemerkt, dass er damit einen höchstfatalen Fehler begangen hat. Herr Meyers hatte nur darauf gewartet, fuchtelt mit dem Zeigefinger vor dem Gesicht des Jünglings rum und ruft triumphierend in einer Lautstärke, dass es selbst der schwerhörige Rentner 5 Häuserblocks weiter hört: „HA!!! Hab ichs doch gewusst! Du kennst dich damit nicht aus! Oh mein Gott und so einer alleine unterwegs mit meiner Tochter, ich würde den Sorgentod schlechthin sterben. Näherst du dich meiner Tochter auch nur 15m mach ich das mit Gewehr und Garten wahr, hast du das verstanden?!“
Der Jüngling beeilt sich bestätigend zu nicken und in der nächsten Sekunde hört man nur noch quietschende Reifen und von dem Jüngling war nie mehr was gehört.
Ganz normaler Alltag? Wer weiß das schon so genau.
Vielen Dank an Denise aka virgelzimble