
Über 2.000 Euro geben die Deutschen im Schnitt pro Jahr für Versicherungen aus. Dennoch sind viele Menschen keineswegs gegen die größten Lebensrisiken gut gewappnet. Das Problem liegt nicht an zu wenig Versicherungen – sondern oft an den falschen.
Versicherungsunternehmen verkaufen Produkte für alle möglichen Lebenslagen. Von der Hochzeits-Rücktrittsversicherung über Handy-Versicherungen bis hin zu Verträgen für Waschmaschine und Trockner. Sinnvoll sind solche Versicherungen meist nicht. Sie kosten Geld, während die wirklich wichtigen Absicherungen fehlen.
Die entscheidende Frage lautet nicht, wie viele Versicherungen du brauchst – sondern welche die richtigen sind. Dabei gilt eine simple Regel: Versichere nur existenzbedrohende Risiken. Alles andere kannst du selbst tragen.
Welche Grundregel gilt beim Versicherungsschutz?
Eine Versicherung ist immer dann sinnvoll, wenn ein Schaden deine finanzielle Existenz bedrohen würde. Das bedeutet konkret: Wenn du die Kosten nicht aus eigenen Mitteln begleichen könntest, ohne in eine ernsthafte Notlage zu geraten, brauchst du eine Versicherung. Für alles andere gilt: Spare dir das Geld.
Der Verlust deines Smartphones für 800 Euro ist ärgerlich, aber verkraftbar. Ein Haftpflichtschaden von 500.000 Euro nach einem schweren Unfall ist existenzbedrohend. Der Ausfall deiner Arbeitskraft durch eine Krankheit über Jahre hinweg ist existenzvernichtend. Genau hier setzen die wirklich wichtigen Versicherungen an.
1. Krankenversicherung: Die absolute Pflicht-Absicherung
In Deutschland herrscht Krankenversicherungspflicht. Das bedeutet: Jeder, der hier lebt, muss entweder gesetzlich oder privat krankenversichert sein. Diese Versicherung steht an erster Stelle, weil sie nicht nur gesetzlich vorgeschrieben ist, sondern auch vor den höchsten Kosten schützt, die entstehen können.
Warum ist die Krankenversicherung unverzichtbar?
Ein Krankenhausaufenthalt kostet schnell mehrere tausend Euro pro Tag. Eine schwere Erkrankung mit mehrwöchiger Intensivbehandlung kann sechsstellige Summen verursachen. Chronische Erkrankungen wie Diabetes, Krebs oder Herzkrankheiten erzeugen über Jahre hinweg Behandlungskosten, die ohne Versicherung niemand stemmen könnte.
Die Krankenversicherung übernimmt die Kosten für Arztbesuche, Krankenhausaufenthalte, Medikamente, Therapien und viele weitere medizinische Leistungen. Ohne diese Absicherung wäre jede ernsthafte Erkrankung nicht nur gesundheitlich, sondern auch finanziell existenzbedrohend.
Gesetzlich oder privat versichern?
Für die meisten Menschen ist die gesetzliche Krankenversicherung die richtige Wahl. Als Arbeitnehmer bist du automatisch pflichtversichert, solange dein Bruttojahreseinkommen unter 73.800 Euro (2025) bzw. 77.400 Euro (2026) liegt. Der Arbeitgeber übernimmt die Hälfte der Beiträge.
Die private Krankenversicherung steht dir offen, wenn du als Angestellter über der Versicherungspflichtgrenze verdienst, selbstständig oder verbeamtet bist. Für Beamte ist die PKV meist deutlich günstiger, da sie Beihilfe vom Dienstherrn erhalten. Für angestellte Gutverdiener hängt die Vorteilhaftigkeit stark von der Familiensituation ab – mit Familie ist die GKV oft günstiger.
Was kostet die Krankenversicherung?
In der GKV liegt der Gesamtbeitragssatz 2025 bei 17,1 Prozent (14,6 Prozent allgemeiner Beitragssatz plus durchschnittlich 2,5 Prozent Zusatzbeitrag), geteilt zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Bei einem Bruttogehalt von 4.000 Euro zahlst du als Arbeitnehmer etwa 342 Euro monatlich.
In der PKV hängen die Beiträge von Alter, Gesundheitszustand und gewähltem Tarif ab – nicht vom Einkommen. Junge, gesunde Menschen zahlen oft weniger als in der GKV, während die Beiträge im Alter steigen können.
Insgesamt ist die Beitragsentwicklung in der PKV günstiger als in der GKV mit 3,1% pro Jahr im Vergleich zu 3,8% Steigerung für gesetzlich Versicherte.
2. Privathaftpflichtversicherung: Schutz vor dem finanziellen Ruin
Die private Haftpflichtversicherung gilt unter Experten einhellig als die wichtigste freiwillige Versicherung überhaupt. Wer anderen einen Schaden zufügt, muss mit Schadensersatzansprüchen rechnen – und das kann im Extremfall die Existenz bedrohen. Denn in Deutschland haftest du für Schäden, die du anderen zufügst, mit deinem gesamten Vermögen. Ein Leben lang.
Warum haftest du unbegrenzt?
Stell dir vor, du übersiehst als Radfahrer eine ältere Person an der Ampel. Sie stürzt schwer und erleidet bleibende Schäden. Die Forderungen: Schmerzensgeld, Schadensersatz, lebenslange Rente. Schnell kommen mehrere hunderttausend Euro zusammen. Ohne Haftpflichtversicherung müsstest du diese Summe selbst tragen – über Jahrzehnte hinweg.
Oder ein anderes Beispiel: Du hilfst einem Freund beim Umzug und lässt versehentlich den teuren Fernseher fallen. Oder du bringst einen USB-Stick von zuhause zur Arbeit mit und schleuserst unabsichtlich einen Virus ins Firmennetzwerk, der einen Schaden von 50.000 Euro verursacht. Auch hier springt die Haftpflichtversicherung ein.
Was kostet eine gute Privathaftpflicht?
Die gute Nachricht: Eine Privathaftpflichtversicherung ist erschwinglich. Zwischen 40 und 80 Euro pro Jahr kosten solide Tarife – das sind etwa 3 bis 7 Euro im Monat. Familien zahlen meist nur geringfügig mehr, denn Kinder und Partner sind oft mitversichert.
Welche Deckungssumme solltest du wählen?
Die Deckungssumme sollte mindestens 10 Millionen Euro betragen, besser sind 50 oder sogar 100 Millionen Euro. Diese höheren Summen kosten meist nicht mehr, denn sie sind heute Standard. Achte darauf, dass sowohl Personen-, Sach- als auch Vermögensschäden abgedeckt sind. Wichtig ist auch der Einschluss von Gefälligkeitsschäden – also Schäden, die beim Helfen entstehen.
Jugendliche und Studenten bis zum Abschluss der ersten Berufsausbildung oder bis zur Vollendung des 25. Lebensjahrs sind in der Regel über die Eltern mitversichert. Danach benötigt jeder eine eigene Haftpflichtversicherung.
3. Berufsunfähigkeitsversicherung: Warum ist deine Arbeitskraft das größte Vermögen?
Die Berufsunfähigkeitsversicherung gehört neben der Privathaftpflicht zu den wichtigsten freiwilligen Versicherungen überhaupt. Wenn du aufgrund einer schweren Krankheit oder nach einem Unfall langfristig nicht mehr arbeiten kannst, droht dir im schlimmsten Fall der finanzielle Ruin.
Reicht die staatliche Absicherung nicht aus?
Etwa jeder vierte Arbeitnehmer scheidet vor dem regulären Rentenalter aus dem Berufsleben aus – meist wegen psychischer Erkrankungen, Erkrankungen des Bewegungsapparats oder Krebs. Die gesetzliche Erwerbsminderungsrente beträgt im Durchschnitt nur etwa 800 bis 900 Euro monatlich. Davon lassen sich weder Miete noch Lebenshaltungskosten langfristig bestreiten.
Deine Arbeitskraft ist dein wichtigstes Kapital. Über ein Berufsleben hinweg verdienst du – je nach Gehalt – zwischen 1,5 und 3 Millionen Euro oder mehr. Dieses Vermögen gilt es abzusichern. Die Berufsunfähigkeitsversicherung zahlt dir eine monatliche Rente, wenn du deinen Beruf aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr ausüben kannst.
Wann solltest du eine BU abschließen?
Je früher, desto besser. Der Abschluss einer Berufsunfähigkeitsversicherung lohnt sich bereits in der Berufsschule, während des Studiums oder der Ausbildung. Denn je jünger und gesünder du bist, desto günstiger sind die Beiträge und desto geringer ist das Risiko, dass die Versicherung dich aufgrund von Vorerkrankungen ablehnt oder Risikozuschläge verlangt.
Die größte Hürde ist die Gesundheitsprüfung. Vorerkrankungen können zu Risikozuschlägen, Leistungsausschlüssen oder sogar zur Ablehnung führen. Deshalb gilt: Warte nicht zu lange. Mit jedem Jahr steigt die Wahrscheinlichkeit, dass gesundheitliche Probleme auftreten, die den Abschluss erschweren.
4. Hausratversicherung: Was passiert nach einem Totalschaden?
Die Hausratversicherung bezahlt, wenn Sachen in deiner Wohnung kaputtgehen – etwa nach einem Brand, Einbruch oder Wasserschaden. Die Neuanschaffung einer kompletten Wohnungseinrichtung nach einem Brand oder einem großen Wasserschaden kann schnell 20.000 bis 50.000 Euro oder mehr kosten. Für die meisten Privathaushalte ist das nicht ohne weiteres stemmbar.
Was deckt die Hausratversicherung ab?
Die Hausratversicherung deckt Schäden durch Feuer, Einbruchdiebstahl, Raub, Vandalismus nach einem Einbruch, Leitungswasser sowie Sturm und Hagel ab. Versichert sind alle beweglichen Gegenstände in deiner Wohnung – von Möbeln über Kleidung bis hin zu Elektronik.
Ein Beispiel: Ein Wasserschaden durch einen Rohrbruch zerstört deine Möbel, den Teppich und elektronische Geräte. Gleichzeitig müssen Renovierungsarbeiten durchgeführt werden. Die Kosten summieren sich schnell auf 15.000 bis 30.000 Euro. Die Hausratversicherung übernimmt diese Kosten.
Wie wird die Versicherungssumme berechnet?
Als Faustregel gilt: Pro Quadratmeter Wohnfläche rechnet man mit etwa 650 Euro Versicherungssumme. Eine 80-Quadratmeter-Wohnung hätte demnach eine Versicherungssumme von 52.000 Euro. Die Beiträge liegen je nach Wohnort und Ausstattung zwischen 50 und 150 Euro pro Jahr.
Für Studenten gibt es oft günstigere Tarife, da sie in der Regel über die Eltern mitversichert sind, solange sie in deren Haushalt wohnen oder sich in der ersten Ausbildung befinden.
5. Welche Versicherung brauchst du außerdem?
Die fünfte wichtige Versicherung hängt von deiner Lebenssituation ab:
Auslandskrankenversicherung: Unverzichtbar für jeden Urlauber
Die Auslandskrankenversicherung ist wichtig für alle Urlaube im Ausland. Denn die gesetzliche Krankenversicherung leistet im Ausland nur eingeschränkt oder gar nicht. Innerhalb der EU übernimmt die GKV zwar Notfallbehandlungen, aber nur zu den Sätzen, die auch in Deutschland gelten würden. Die Differenz zu den oft deutlich höheren Kosten im Ausland musst du selbst tragen.
Außerhalb Europas leistet die gesetzliche Krankenversicherung in der Regel überhaupt nicht. Ein Krankenhausaufenthalt in den USA, Thailand oder anderen beliebten Reisezielen kann schnell Kosten von mehreren zehntausend Euro verursachen. Besonders wichtig ist der Krankenrücktransport, der je nach Zielland zwischen 10.000 und 100.000 Euro kosten kann.
Eine Auslandskrankenversicherung kostet etwa 10 bis 20 Euro pro Jahr für Einzelpersonen, Familien zahlen zwischen 20 und 40 Euro jährlich.
Wohngebäudeversicherung: Pflicht für Eigenheimbesitzer
Die Wohngebäudeversicherung ist für jeden Eigenheimbesitzer unverzichtbar. Sie schützt vor Schäden durch Sturm, Hagel, Feuer, Blitzschlag und Leitungswasser. Ein Brand, der dein Haus komplett zerstört, kann Kosten von mehreren hunderttausend Euro verursachen. Ohne Versicherung wäre deine Existenz vernichtet.
In Gebieten mit Hochwasser- oder Starkregenrisiko empfiehlt sich zusätzlich eine Elementarschadenversicherung. Diese deckt Schäden durch Überschwemmungen, Rückstau, Erdbeben, Erdrutsch, Schneedruck und Lawinen ab. Angesichts zunehmender Wetterextreme wird diese Zusatzversicherung immer wichtiger.
Die Kosten hängen stark vom Wert des Gebäudes, der Bauart, dem Baujahr und dem Wohnort ab. Als grobe Orientierung kann man mit etwa 0,2 bis 0,4 Prozent des Gebäudewerts pro Jahr rechnen.
Welche Versicherungen sind überflüssig?
Genauso wichtig wie die Frage, welche Versicherungen du haben solltest, ist die Frage, welche du nicht brauchst. Verzichten kannst du auf Policen, die nur kleinere Schäden absichern:
Reisegepäckversicherung: Der Verlust eines Koffers lässt sich in der Regel leicht ersetzen. Die Versicherung ist teuer und leistet oft nur eingeschränkt.
Handy-, Laptop- oder Brillenversicherung: Diese Geräteversicherungen lohnen sich nur bei extrem teuren Anschaffungen. Meist ist der Selbstbehalt so hoch und der Leistungsumfang so eingeschränkt, dass sich die Versicherung nicht rechnet.
Sterbegeldversicherung: Die Kosten für eine Bestattung von etwa 5.000 bis 8.000 Euro lassen sich auch durch Sparen oder eine Risikolebensversicherung abdecken.
Glasversicherung: Zerbrochene Scheiben oder Glastische sind ärgerlich, aber nicht existenzbedrohend. Die Reparaturkosten liegen meist im überschaubaren Bereich.
Wie passt du deinen Versicherungsschutz an deine Lebenssituation an?
Der Versicherungsbedarf ändert sich mit der Lebenssituation. Deshalb solltest du deinen Versicherungsschutz regelmäßig überprüfen und anpassen.
Als Single reichen meist eine Krankenversicherung (Pflicht), eine Privathaftpflicht, eine Berufsunfähigkeitsversicherung, eine Hausratversicherung und eine Auslandskrankenversicherung. Sobald eine Familie hinzukommt, wird die Risikolebensversicherung wichtig, um die Hinterbliebenen im Todesfall finanziell abzusichern.
Wer ein Eigenheim kauft, braucht zwingend eine Wohngebäudeversicherung. Im Ruhestand können einige Versicherungen wegfallen, während andere wie eine Pflegezusatzversicherung wichtiger werden.